Frank Ahland

Zwei Dinge sollten Kinder

von ihren Eltern bekommen:

Wurzeln und Flügel.


Johann Wolfgang von Goethe, 1749 bis 1832

deutscher Dichter (zugeschrieben)


Woher der Name Ahland stammt, ist unklar. Es gibt verschiedene Deutungen. In der Rottenburger Fastnacht jedenfalls heißt der Teufel Ahland. Ob die Südwestdeutschen dabei an meine Katze gedacht haben? Die heißt jedenfalls Lucy. Als Freund Skandinaviens würde ich es gerne sehen, wenn sich mein Name von der schwedisch besiedelten, heute zu Finnland gehörenden Inselgruppe Åland (ausgesprochen ['o:land]) ableitet. Doch bleibt dies wohl ein Traum. Als Historiker und Publizist bin ich selbstständig tätig. Im Rahmen meiner Firma arbeite ich mit anderen Freiberuflern zusammen. Ehrenamtlich war und bin ich in mehreren Vereinen und Initiativen aktiv.

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Stets über den Rand hinausblicken.

Geboren 1965 in Witten an der Ruhr, wuchs ich auf der Krone auf. Auch meine Eltern waren von Geburt an Wittener, doch stammten sie beide aus Familien, die die wirtschaftliche Not des ausgehenden 19. Jahrhunderts aus Ostpreußen und aus dem Hessischen ins Ruhrgebiet verschlagen hatte. Kein seltenes Schicksal an der Ruhr. Mein Vater arbeitete im Walzwerk des Gussstahlwerks Witten (heute Edelstahlwerk Witten), er war Stahlarbeiter in der dritten Generation.

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Meine Eltern, meine Paten (rechts und links außen) und ich.

Meine Eltern, und hier zuvorderst meine Mutter, auch sie die Tochter eines Stahlarbeiters, ermöglichten ihren Kindern, es im Leben besser zu haben, als sie es gehabt hatten. Was auf den ersten Blick nach einer hohlen Phrase klingt, verdichtet sich zu einer gewaltigen Lebensleistung: zehn Kindern Bildung und Ausbildung zukommen zu lassen, die sie selbst nicht hatten erwerben können. Beide zahlten dafür einen hohen Preis. Gesundheit hieß die Währung.

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Schon bei der Einschulung nicht wirklich vom Sinn der Schule überzeugt.

1983, wenige Jahre nach dem vorzeitigen Tod meines Vaters, hatte ich genug von der Schule und begann, mir eine Lehrstelle zu suchen. Die Berufsberatung des Arbeitsamtes empfahl mir, mein weiteres Leben dem technischen Zeichnen zu widmen. Ein aussterbender Beruf, was den Eingeweihten auch damals nicht verborgen geblieben war. Der katastrophal enge Ausbildungsmarkt verhinderte meine gewerblich-technische Zukunft. Zum Glück, wie ich heute weiß. Als ich daraufhin zu der Einsicht gelangte, dass es besser sei, doch die Allgemeine Hochschulreife zu erwerben, glaubte die Arnsberger Schulbürokratie, mir dies versagen zu dürfen.

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Mein erstes Passbild.

In seltenen Fällen können sich selbst Beamte überzeugen lassen, und so begann ich nach Abitur und Zivildienst an der Ruhr-Universität Bochum ein Studium der Geschichte, Soziologie und Sozialpolitik, an dessen Anfang ich kaum ahnen konnte, wohin es mich noch führen sollte. Nur, dass es ein lohnenswerter Weg sein sollte, wurde mir bald schon klar.

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Ausweislich Studierender.

In einem der ersten Semester bereits fand ich mich in einem Seminar bei Prof. Albin Gladen wieder, das mir abverlangte, die Informationen für meine Hausarbeit nicht wie üblich der Sekundärliteratur, sondern den Primärquellen eines Archives zu entnehmen. Somit begann ich in zäher Kleinarbeit zu untersuchen, ob die im 19. Jahrhundert nach Witten zugewanderten Juden eigene Wohnviertel ausgebildet hatten. Hatten sie nicht. Und somit hatte ich meine ersten eigenständigen Forschungen zur Wittener Stadtgeschichte zu Wege gebracht. Mein Interesse an der Archivarbeit war geweckt. Seitdem ist es mir kaum noch vorstellbar, Geschichtswissenschaft ohne intensives Aktenstudium zu betreiben. Brauchbare Erkenntnisse - so lautete meine persönliche Erfahrung - lassen sich allein aus den Quellen schöpfen, auch wenn man manches Mal den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen vermag.

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Das Institut auf Betriebsausflug.

Den ersten Forschungen sollten während des Studiums und danach weitere Studien folgen, so nahm ich die Zuwanderung von Polen und Juden nach Witten unter die Lupe, so untersuchte ich - in meiner Magisterarbeit - die Geschichte der Wittener Sozialdemokratie und spürte dabei den Ursachen ihres Aufstiegs zur dominierenden Partei vor Ort nach. Meine Dissertation, die ich bei Prof. Klaus Tenfelde schrieb, beschäftigte sich mit der Biografie des früheren Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes Ludwig Rosenberg, auch sie ist fast ausschließlich aus den Quellen gearbeitet. Biografik bildet seitdem neben der Regionalgeschichte einen weiteren Schwerpunkt meiner Forschungen, in einem Langzeitprojekt führe ich historisch interessierte Laien und Fachleute zusammen mit dem Ziel, biografische Essays über Wittener Bürger der letzten zweihundert Jahre beizutragen.

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Auf Zeche Nachtigall.

Meine eigenen Ausflüge in die Schwerindustrie beschränken sich auf vier sommerliche Werksaufenthalte als Ferienarbeiter. Einen anderen Teil meines Studiums finanzierte ich durch meine Tätigkeit als studentische Hilfskraft im Institut zur Erforschung der europäischen Arbeiterbewegung unter der Leitung von Prof. Helga Grebing. In dieser Zeit entdeckte ich mein Talent, fremde Texte zu korrigieren und zu redigieren. Ein dritter Teil meines Studiums wurde - wie auch meine Promotion im Anschluss daran - durch ein Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf getragen.

Urlaube führen mich meist in kühlere Regionen, in den skandinavischen Norden, auf die schottischen Inseln, in das herbstlich-winterliche Paris, um nur einige Beispiele zu nennen.

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In den Tuilerien von Paris.

Im Jahre 2002 machte ich mich selbstständig und eröffnete wenige Monate später ein Büro. Im angelsächsischen Raum nennt man solche wie mich freelancer, wörtlich übersetzt sind das freie Lanzenreiter, jene Ritter des Mittelalters, die als Söldner für wechselnde Herren in den Kampf zogen. Genau genommen kannte das Mittelalter den Begriff nicht, Sir Walter Scott schuf ihn erst 1819 mit seinem Roman Ivanhoe.

Seither nutze ich meine Erfahrungen, die ich während des Studiums gewinnen konnte, zum Broterwerb. Meine Geschäftsidee besteht darin, meine wirtschaftliche Existenz als freiberuflich tätiger Autor und Publizist mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im Ruhrgebiet mit besonderem Akzent auf Witten und dem Ruhrgebiet zu gründen.

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Auf der ersten Radtour im Namen Rosi Wolfsteins.

Mein beruflicher Werdegang war stets eng verknüpft mit ehrenamtlichem Engagement sowohl politisch und gesellschaftlich für Stadt, Staat und Land als auch im Rahmen der lokal- und regionalgeschichtlichen Forschung. So war ich beispielsweise als ehrenamtlicher Richter am Landgericht Bochum tätig. Neben vielem anderem habe ich mitgearbeitet im Arbeitskreis Stadtgeschichte an der Volkshochschule Witten-Wetter-Herdecke, der sich im Jahre 2004 mit der 150-jährigen Geschichte des Edelstahlwerkes Witten befasst hat. So schließt sich auch dieser Kreis.

© Frank Ahland, Dortmund, 2018.